Anatolische Teppiche bei Orientteppich Koppensteiner in Wien

Häufig gestellte Fragen Anatolische Teppiche

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Anatolischer Teppich

Ein anatolischer Teppich, auch türkischer Teppich genannt, ist ein geknüpfter Orientteppich, der in Anatolien und den angrenzenden Regionen in Handarbeit produziert wird. Anatolische Teppiche bilden ebenso wie Kelims einen wichtigen Bestandteil des kulturellen Erbes der heutigen Türkei.[1]

Der anatolische Teppich zeichnet sich durch charakteristische Farben, Muster und Techniken aus. Traditionell aus Wolle, später auch zunehmend aus Baumwolle und manchmal auch aus Seide oder Mohair bestehend, werden anatolische Teppiche in der Regel mit dem Gördesknoten geknüpft. Die Formate reichen vom kleinen Kissen (yastik) bis hin zu raumfüllenden Teppichen. Sie werden bis heute in Fabriken, Manufakturen, Werkstätten, in Dörfern oder von Nomaden hergestellt. Jede soziale Gruppe kennt dabei eigene Techniken und Materialien. Wissenschaftliche Versuche, ein bestimmtes Muster einer ethnischen, regionalen, oder auch nur der nomadischen oder dörflichen Tradition zuzuordnen, blieben aufgrund des kontinuierlichen Austauschs von Mustern im Rahmen der ausgedehnten Migrationen und des Einflusses der kommerziellen Produktion erfolglos.[2]

Das Teppichknüpfen ist ein traditionelles Kunsthandwerk, das weit in die präislamische Zeit zurückreicht. Im Lauf der Geschichte Anatoliens und der Teppichherstellung wurden unterschiedliche kulturelle Einflüsse in die Gestaltung integriert. Spuren byzantinischer Ornamente haben sich in den Teppichmustern ebenso erhalten wie die traditionellen Muster und Dekore der Turkvölker, die aus Zentralasien einwanderten. Auch Griechen, Armenier, kaukasische und kurdische Stämme haben ihre Muster eingebracht. Die Entwicklung der islamischen Kunst beeinflusste die Gestaltung tiefgreifend. Seit den 1980er Jahren entstanden mehrere Initiativen, deren Ziel es ist, die traditionelle Kunst des Teppichknüpfens wiederzubeleben.

Begriff

Weil sich der direkte Handel zuerst zwischen dem Osmanischen Reich und Europa etablierte, waren Orientteppiche in Europa zunächst nur unter dem Handelsnamen „türkische“ Teppiche bekannt, unabhängig von ihrem tatsächlichen Ursprungsort.[3] Erst nachdem im späten 19. Jahrhundert das wissenschaftliche Interesse westeuropäischer Kunsthistoriker erwacht war, wurde die künstlerische und kulturelle Vielfalt des anatolischen Teppichs besser verstanden.[4][5]

Geschichte

Siehe auch: Geschichte Anatoliens

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Der Pasyryk-Teppich, ca. 400 v. Chr., Eremitage

Der älteste erhaltene Knüpfteppich ist der Pasyryk-Teppich, der auf das 5. Jahrhundert v. Chr. datiert wird. Seine Herkunft ist umstritten, unter anderem wird jedoch eine phrygischarmenische Produktion diskutiert[6], was ihn zum Vorläufer der anatolischen Teppiche machen würde. Seine feine Knüpfung in Gördesknoten und das fein ausgearbeitete Muster zeigen, dass das Handwerk des Teppichknüpfens schon damals zu hoher technischer und künstlerischer Reife gelangt war.[7][8] Weitere Funde belegen, dass die Teppichknüpftechnik zwischen dem 3. Jahrhundert v. Chr. und dem 6. Jahrhundert n. Chr. von China über den Irak bis nach Ägypten verbreitet war, es ist jedoch unbekannt, ob die Technik sind von einem Zentrum aus verbreitete oder sich an mehreren Stellen unabhängig voneinander entwickelte.[9]

Früheste Teppiche: Seldschukische Periode (11.–13. Jahrhundert)

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Seldschukischer Teppich aus der Alâeddin-Moschee in Konya, 13. Jahrhundert, Museum für türkische und islamische Kunst

Die ältesten erhaltenen geknüpften Teppiche aus Anatolien werden auf das 13. Jahrhundert datiert. Anatolien wurde zu dieser Zeit von dem im Niedergang begriffenen Sultanat der Rum-Seldschuken beherrscht, mit Konya als Hauptstadt. Seit dem 11. Jahrhundert lebten unter seldschukischer Herrschaft auch turkmenische Völker aus Westasien in Anatolien, die die Knüpftechnik nach Anatolien gebracht haben könnten.[10]

Acht Fragmente dieser Periode wurden 1905 von Frederic Robert Martin in der Alâeddin-Moschee von Konya gefunden,[11] vier weitere fand 1925 Rudolf Meyer Riefstahl in der Eşrefoğlu-Moschee in Beyşehir in der Provinz Konya.[12] Fragmente derselben Zeit tauchten außerdem im ägyptischen Al-Fustat auf.[13]

Es ist nicht bekannt, wo diese Teppiche geknüpft wurden. Aufgrund ihrer Größe von bis zu sechs Metern Länge können sie nur in einer spezialisierten, städtischen Manufaktur hergestellt worden sein, denn Webstühle dieser Größe finden keinen Platz in einem Dorfhaus oder einem Nomadenszelt. Die Feldmuster der Konya-Teppiche sind meist geometrisch und im Verhältnis zur Größe des Teppichs eher klein. Die untereinander sehr ähnlichen Muster sind in diagonalen Reihen angeordnet: Sechsecke, Quadrate mit Sternen darin oder stilisierte Blumen und Blätter in Rautenornamenten. Die Bordüre enthält oft kufische Ornamente. Die Teppiche aus Beyşehir sind denen aus Konya in Muster und Farbgebung sehr ähnlich.[3]

Der Stil dieser Teppiche weist Parallelen auf zu architektonischen Schmuckelementen zeitgleicher Bauwerke wie der Divriği-Moschee oder Bauten in Sivas und Erzurum und könnte verwandt sein mit Ornamenten der byzantinischen Kunst.[14] Heute werden die Teppiche im Mevlana-Museum in Konya und im Museum für türkische und islamische Kunst in Istanbul verwahrt. (Quelle: Wikipedia)